| Fl, 2 Git, Vc |
| 11:00 min. |
| 2000 |
| Partitur, 24 Seiten |
| 15,10   bestellen |
| TPV.S1-005 |
| Stimmensatz (Spielpartituren) |
| 26,55   bestellen |
| TPV.S1-005S |
Anfang des Jahres 2000 fragte mich Prof. Dr. Friedemann W. Schneider, Institut für Physikalische Chemie der Universität Würzburg, ob ich mir vorstellen könnte, ein Stück zur Eröffnung der 99. Hauptversammlung der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie zu schreiben. Darin sollten Dinge, die seine Forschung betreffen, eine Rolle spielen, wie deterministisches Chaos, Selbstorganisation usw.
Synästhetische Ebene
Die Idee, Naturwissenschaft und Kunst zu verbinden, ist nicht neu. In vielen Texten zu zeitgenössischen Werken liest man beispielsweise von fraktaler Goemetrie und deren Einfluss auf den Komponisten oder dessen Kompositionstechnik. Beides passt gut zusammen; man kann fraktale oder chaotische Strukturen relativ einfach musikalisch darstellen. In meinem Stück habe ich in den meisten Fällen keine bloße Übersetzung angestrebt, sondern ich habe vielmehr versucht, beide Bereiche auf synästhetischer Ebene zu verbinden.
Drei Variablen - drei Musiken
Zur Erzeugung von deterministischem Chaos sind drei Variablen notwendig, also bin ich in meinem Stück von drei unterschiedlichen Themen oder Ideen ausgegangen, ich nenne sie drei "Musiken": ein sich skalenhaft windendes Band, eine hohe, schwingende Akkordfolge und eine zarte Melodie. Diese Musiken zitieren dann gewissermaßen naturwissenschaftliche Phänomene, z. B. wenn das (chaotische) Band am Ende des Stückes in eine gleichmäßige Amplitudenbewegung übergeht (Chaoskontrolle). In allen weiteren Teilen des Stückes werden diese drei Musiken überlagert, wobei sie wie Variable für jeden Teil andere Werte annehmen und somit unterschiedlich stark in Erscheinung treten. Die Vorstellung, dass eine Reaktion durch geringe Änderung EINER Variable ein gänzlich neues Verhalten zeigen kann, war für mich beim Komponieren sehr inspirierend. Daher sind alle Teile in ihrem Charakter sehr unterschiedlich: wild und perkussiv, Gongs aus der Ferne, klagende Melodien, ein Walzer, flirrende Triller ...
Leichter als Luft
Der Beginn meines Stückes ist mit "heftig" überschrieben, der Schlussteil mit "Leichter als Luft". Damit ist der Verlauf eigentlich hinreichend beschrieben. Alles hat die Tendenz, sich zu verflüchtigen. Die perkussiven Schläge des Anfangs werden zu Gong-artigen Klängen, der schnelle Mittelteil wird zum Walzer, alles wird immer leichter, am Ende sogar "Leichter als Luft".
Joachim F.W. Schneider